Der Kneipengänger
Oli war gerade mal ein Jahr bei mir, als meine Umschulung beendet war. Bis zu diesem Zeitpunkt war Oli immer dabei, er war sozusagen ein 24-Stunden Hund. Nach meiner Umschulung mußte ich jedoch meine Restdienstzeit bei der Bundeswehr ableisten. Für 8 Wochen rückte ich wieder in die Kaserne ein. Für Oli mußte ein Platz gefunden werden. Ein Tierheim kam nicht in Frage, so habe ich im Ort herumgefragt, ob jemand berreit wäre gegen Bezahlung meinen Freund für 8 Wochen bei sich aufzunehmen.
Ein Bekannter eines Bekannten, Thomas und seine Frau wollten in die Bresche springen. Ich brachte Oli also eines Sonntag zu Thomas. Sein Hundebett, Kamm, Bürste, diverse Leinen und Futter für eine Woche brachte ich mit. Wir gingen noch Spazieren und dann verabschiedete ich mich in die Kaserne.
Die erste Woche zog sich lange hin. Wir waren auf einer Übung im Norden von Hessen. Ich konnte Oli also nicht besuchen. Endlich war es Freitag und wir rückten wieder in die Kaserne ein. Um zwei Uhr war Abschlußappell. Ich duschte, zog mich um und machte mich auf den Weg zu Thomas. Ich traf ihn und Oli hinter seinem Haus im Garten. Mein Hund begrüßte mich stürmisch. Thomas schlug vor eine Runde Gassi zu gehen.
Oli hörte "Gassi" und schon stand er am Gartentor. Wir gingen los und Oli voraus. Er schien seinen Weg zu kennen. Weiter vorne bog er in eine kleine Seitengasse ein, in Richtung Ortsmitte. Ich war etwas erstaunt, denn zu den Wiesen ging es in die andere Richtung. Thomas meinte nur: "Der weiß wo's hingeht". Am Dorfplatz angekommen steuerte Oli direkt auf eine Kneipe zu. Oli drückte die Tür auf und verschwand in der Kneipe!
Ich war noch gar nicht in der Gaststätte, da hörte ich schon laute Stimmen aus den Gastraum dringen. "Hey, der Oli ist wieder da!", "Hallo, Alter, auch wieder hier!", "Ja wo ist den der Oli?". Ich betrat den Gastraum und zu meinem Erstaunen wurde Oli von allen auf das herzlichste begrüßt. Mein Hund lief von einem Gast zum anderen und überall wurder getätschelt und gestreichelt.
Thomas mußte mir einiges erklären. Er erzählte mir, daß er Abends, kurz vor den Nachrichten, nochmal mit Oli Gassi geht. Das sagte er jedenfalls seiner Frau! Die hat das auch geglaubt. Tatsächlich nahmen beide noch einen kleinen Absacker vor dem Zubettgehen.
Meine restlichen sieben Wochen Bundeswehr vergingen dann doch recht schnell. Ich habe Abends dann auch noch einen kleinen Absacker in der Dorfkneipe zu mir genommen. Die 8 Wochen waren um und wir mußten zurück nach Köln. Thomas und seine Frau konnten beim Abschied nicht sprechen, die Tränen standen ihnen in den Augen. Ein paar Wochen später habe ich erfahren, das Thomas sich einen Hund zugelegt hat.
